Dienstag, 10. Juli 2012

Biskaya


Wir sind in Spanien. Es waren spannende Tage im Wechselbad der Gefühle. Aber der Reihe nach: Mit der Abreise hat das nicht pünktlich geklappt, weil wir unbedingt auf passendes Wetter warten wollten. Am Montag hatten schon 2 Boote die Nerven verloren und sind losgefahren, aber bei der Wetterentwicklung waren wir froh, dass wir nicht mitgefahren sind. Der passende Wetterbericht für uns kam dann doch für Donnerstag: Schwache Süd-West-Winde, gegen die wir dann anmotoren wollten, abends Winddrehung aus West mit 10 Knoten für 2 Tage an denen wir gut segeln könnten und wenn wir schnell genug sind für den dritten Tag sogar Nord-West-Winde um nach La Coruna zu segeln.

Am Donnerstag sind wir also um 06.00 Uhr aufgestanden, haben den Wetterbericht noch einmal überprüft, keine Veränderung, also los. Aber es kam anders. Um 08.00 Uhr sind wir dann gestartet, um 08.30 Uhr hatten wir den Wind gegenan mit 15 Knoten und richtig hoher, fieser Welle. Wir haben uns damit getröstet, dass das wohl nur in der Bucht von Brest so sein wird und wenn wir erst einmal nach ca. 4 Stunden im tiefen Wasser sind, kommt die lange und ruhige Atlantikwelle. Wir also Augen zu und durch. Leider kam auch nach 5 Stunden keine Veränderung. Vielmehr frischte der Wind auf 20 Knoten auf. Mit erstem Reff im Groß und halber Genua sind wir durch die erste Nacht mit ziemlich viel Welle gesegelt.. Keiner von uns hat geschlafen und wir waren echt froh, als die Sonne endlich auf ging. Der Wind schwächte ab auf 12 bis 15 Knoten, so dass wir am Freitag bei Sonne bis zum Abend segeln konnten. Nee, wat kann die Seglen schön sein. Das Ganze wurde dann noch gekrönt durch permanente Besuche von Delfinen, die eine Weile mit uns mit geschwommen sind (Sie kamen jeden Tag mehrmals, insgesamt waren es ca. 50 Stück).

Film mit Delfinen kommt später

Mit der untergehenden Sonne kam wieder mehr Wind von 20 bis 25 Knoten und drehte wieder nach Süd-West, so dass wir den Motor anschmeißen mussten. Diese Phase nutzten wir, um unser Schlafdefizit aufzuarbeiten. Abwechselnd schliefen wir jeweils 6 Stunden. Die ganze Zeit über war sehr viel Wind zwischen 15 und 25 Knoten mit einer fiesen Welle, so dass an Essen die ganze Zeit nicht zu denken war. Beiden ging es am ersten Tag so, dass wir nur Wasser und Kekse zu uns nehmen konnten. Ab dem 2. Tag kam dann langsam Erholung, jedoch hat man jede Welle weiterhin im Magen gespürt. Samstag morgen ging es uns richtig gut und wir haben das erste mal fast normal gefrühstückt. Leider war das Samstagmittag dann alles vorbei. Andreas liest gerade das Buch „Seewetter“ und war der Meinung, wir erleben gerade den typischen Durchzug einer Zyklone. Der Wind frischte auf auf 25 bis 30 Knoten, die Welle war vorher schon nicht angenehmen. Das ganze dauerte 6 Stunden und wir hofften einfach nur, dass es bis zum Dunkel werden zu Ende ist. Um ca. 06.00 Uhr war die erste Front durch und das Wetter besserte sich und wir hatten sogar etwas Sonne und die Hoffnung, eine ruhige Nacht zu erleben. Vertan. Um 21.00 Uhr kamen Wellen in einer Höhe auf, die wir bisher noch nicht erlebt haben. Wir hatten keine Ahnung, dass es noch mal höher gehen kann. Am Horizont wurde der Himmel schwarz und wir haben zur Nacht sicherheitshalber das 3. Reff eingebunden. Hinterher stellte sich heraus, dass das nicht wirklich nötig war, aber sicher ist sicher, vor allem in der Nacht. Der Wind kam aus Süd-West, also unserer Richtung, so dass Andreas die ganze Nacht mit Motor schräg gegen die Wellen angefahren ist. Andrea ist leider wegen ihrer verkrampften Sitzhaltung in dieser Nacht wegen Migräne für mehrere Stunden ausgefallen.



Mit aufgehender Sonne wurde das Wetter besser, wir hatten nun aber nicht mehr den Ehrgeiz so viel wie möglich zu segeln, sondern wollten unbedingt noch bei Tageslicht in Spanien ankommen. Also Großsegel gesetzt und Motor an, wie wir es in Frankreich von den erfahrenen Seglern gelernt haben. Mit 6 Knoten sind wir Richtung Spanien gefahren. Alles lief gut. 20 Seemeilen vor Spanien packte uns eine letzte Regenfront und als wir durch diesen Vorhang durch waren klarte der Himmel auf und wir hatten Sonne. Erstmalig auf dieser Reise haben wir das Regenzeug ausgezogen (außer beim Schlafen – aber das war ja nicht oft). Die Welle wurde mit einem Mal lang und hoch, so wie man uns das immer erzählt hat. Uns ging es super und wir beglückwünschten uns schon zu dieser gelungenen Überfahrt. Aber bei unserem Glück konnte das ja noch nicht alles gewesen sein: 10 Seemeilen vor dem Hafen sind wir in Fischernetze geraten, die nur durch eine Colaflasche gekennzeichnet waren. Zum Glück haben wir den Motor sofort auf Neutral geschaltet und mit Staken die Leinen geangelt und abgeschnitten, so dass sich das Netz wieder auf den Grund setzen konnte. Danach sind wir sehr vorsichtig und nervös nach La Coruna gefahren. Der Motor ist zum Glück nicht ausgefallen, so dass wir den Hafen sicher erreicht haben. Hier müssen wir jetzt jemanden suchen, der zur Sicherheit das Boot einmal abtaucht um zu schauen, ob noch etwas in der Schraube hängt. Das Wasser ist leider noch sehr kalt, so dass wir noch überlegen, ob wir es selber machen können oder für ca. 300,-- € jemanden anmieten müssen.

Fazit: Es war ein Wechselbad der Gefühle. Immer wieder waren wir nervös und aufgeregt, aber wir merkten, dass wir die Situation jeweils im Griff hatten und haben uns dann darüber gefreut, es gut gemeistert zu haben. Aber danach wurde es jeweils wieder schlimmer und der gleiche Kreislauf ging wieder los. Wir haben nicht 3 Tage, sondern 4 Tage und 3 Nächte gebraucht, es war sehr emotional und anstrengend, weil die Situationen sich dauernd verändern haben. Im Nachhinein kann man sagen, es gab nicht eine einzige gefährliche Situation. Das Schiff ist toll und die Mannschaft arbeitet gut zusammen. Wir möchten an dieser Stelle gerne einen erfahrenen Schweizer Segler zitieren: „Es war nicht komfortabel, aber es war auch nicht gefährlich.“ Danke Markus, mit diesem Spruch haben wir uns immer wieder Mut gemacht. Alles hat gut geklappt und wir sind jetzt froh, dass wir in La Coruna sind. Um 21.30 Uhr am Sonntag waren wir fest im Hafen, sind dann duschen gegangen und haben um 23.30 Uhr ein richtig schönes warmes Abendessen zubereitet. Unser Zeitgefühl ist während der Reise irgendwo verloren gegangen. Heute haben wir dann um 11.30 Uhr gefrühstückt, das ganze Boot geputzt und wieder aufgeräumt und ab morgen machen wir dann Urlaub in Spanien. Der Ort wirkt viel versprechend.

Noch ein paar Randbemerkungen:
Um es mit Andreas Worten zu sagen: Kulinarisch war es ein Fiasko. Eine grausame Dose, einmal Spaghetti mit Fertigsoße und ansonsten Kekse und Mineralwasser. Andrea sagt dazu Crashdiät.

Die abgesprochene Wacheinteilung hat überhaupt nicht funktioniert, weil wir am ersten Tag zu aufgeregt waren und die übrigen Tage aufgrund von Wind und Welle immer schauen mussten, wer gerade fit genug ist, die Wache zu übernehmen. Eine große Flexibilität zeichnet eben eine gute Mannschaft aus, und das sind wir.



Augenblicklich sind wir froh und auch ein wenig stolz, dass wir es gewagt haben, die Biskaya zu überqueren. So beschwerlich es war, es hat unsere Segelkompetenz erweitert und im Nachhinein auch viel Spaß gemacht. Das Segeln bei 20 Knoten hoch am Wind bei 6-7 Knoten Geschwindigkeit ist einfach ein Erlebnis. Die nächsten Tage bleiben wir in La Coruna, da es hier wohl viel zu entdecken gibt.

Buenos dias!

Andrea & Andreas

Wort der Reise: Uncomfortable


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Herzlichen Glückwunsch ihr Nachtduscher
Gruß Thomas

Anonym hat gesagt…

Toll !
Wenn ich das so lese finde ich das total spannend, bin aber froh, dass ich festen Boden unter den Füßen habe! Schön , dass es euch gut geht!
Michael

Mit diesem Blog möchten wir euch an unserer Reise teilhaben lassen und euch die Möglichkeit geben, unsere Abenteuer zu verfolgen.