Sonntag, 1. Juli 2012

Südwest-Wind


7 Tage Guernsey waren erholsam und schön, da es sich hier um eine wunderschöne Insel handelt. Wer Spaß hat zu wandern, hat hier viele Möglichkeiten. Da wir aber Anfang Juli über die Biskaya wollen, müssen wir weiter. Die anderen Kanalinseln werden wir ein andermal bestimmt noch besuchen. So haben wir am 25.06.2012 mittags um 12.00 Uhr unsere erste Nachtfahrt angetreten. Die Sonne hat geschienen, der Tank war voll mit zollfreiem Diesel (75 Pence der Liter) und der Wetterbericht war viel versprechend: Wind aus Südost mit 2 Bft, auffrischend auf 4 Bft, kein Regen. Wir waren 2 Stunden unterwegs, kein Wind, also wieder einmal Fahren unter Motor. Das sollte dann auch die ganze Nacht über so bleiben. Ab 18.00 Uhr begann der Regen und als es dunkel wurde kam der Wind aus Südwest, also unserem Ziel, mit 5 Bft. Wir konnten die uns entgegen kommenden Wellen im Dunkeln zum Glück nicht sehen. Das aufspritzende Wasser am Bug wurde durch unsere Beleuchtung auf Steuerbord grün gefärbt und auf Backbord rot. Natürlich kam dabei auch mal wieder der Strom von vorne. Essen in dieser Situation war ein Erlebnis. Auch die Navigation funktionierte nur im Schein der Taschenlampe. An Schlaf war nicht zu denken.





Die Annäherung an unseren Zielhafen L’Aber Wrach stellte sich auch noch einmal sehr schwierig dar, denn bei unserem Glück kam auch noch dichter Nebel auf. Im Reeds, unserer Bibel der Navigation, stand ausdrücklich die Warnung, dass eine Annäherung wegen der Felsen bei Nebel sehr gefährlich ist und jemand der keinen Plotter hat es unbedingt vermeiden soll. Mit unserem Plotter und Radar war die Annäherung aber dann kein Problem. Immer wenn wir ca. 100 Meter neben den Tonnen waren, konnten wir sie auch sehen.








Als wir nach 25 Stunden und 103 Seemeilen im Hafen angekommen waren klarte der Himmel auf und wir hatten wunderschönes Wetter. Den Ort haben wir aber nicht gesehen. Mittagsschlaf im Cockpit, Duschen, Konserve essen, nächsten Tag planen, wieder Schlafen.


L’Aber Wrach soll schön sein, aber wir mussten weiter, da in 2 Tagen das Wetter wieder schlechter werden soll und wir unbedingt an unserem Absprunghafen für die Biskaya ankommen wollen: Camaret sur Mer in der Nähe von Brest.

Die Fahrt nach Camaret erfolgte zwar auch wieder unter Motor, daran haben wir uns aber inzwischen gewöhnt. Dafür schien aber die Sonne und wir hatten eine wunderschöne Fahrt durch die von Felsen zerklüftete Küste. Für diese Gegend hatten wir extra eine Spezialkarte gekauft. Während der gesamten Tour waren wir immer zum richtigen Zeitpunkt auf dem richtigen Strom und kurz vor der Einfahrt in die Bucht von Brest beschleunigte unsere Lady auf 8,2 Knoten. Das Meer um uns herum bildete viele kleine Strudel, wir fühlten uns wie auf einem Whirlpool. Die Anfahrt nach Camaret sur Mer war einfach spektakulär. Überall ragten Felsen aus dem Wasser und wir suchten schon einmal die Passage für unsere Weiterfahrt. Hinter einem Vorsprung der Steilküste kam plötzlich ein wunderschöner Ort zum Vorschein und das bei allerschönstem Wetter. Voraussichtlich geht es am Sonntag oder Montag weiter nach Spanien. Gestern waren wir einkaufen, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen und abends waren wir die von Andreas immer wieder erwähnte Platte „Fruit de Mer“ essen. Ihr seht, uns geht es gut.










Unser zweiter Monat ist um, also müssen wir mal ein zweites Fazit ziehen: Unsere Planung bestand darin, möglichst zügig an der französischen Küste zu den Kanalinseln zu segeln und dort 3 Wochen zu verbringen. Das hat in keiner Weise funktioniert. Zwar kannten wir aus der Nordsee Ebbe und Flut und damit verbundene Strömung, aber wir haben die Situation im englischen Kanal unterschätzt. Deshalb haben wir anfangs einige Fehler gemacht. Aufgrund der langen Distanzen muss man sehr genau rechnen, wann man einen Hafen verlässt und wann man wieder in einen Hafen einlaufen kann, darüber hinaus muss man auch den Strom auf dem Weg beachten (das haben wir anfangs dauernd vergessen) und als letzte Komponente muss man auch noch das Wetter und die Windrichtung mit einbeziehen. Im Kanal herrscht leider regelmäßig Wind aus Südwest, unserer vorherrschenden Bewegungsrichtung. Erst als wir gelernt haben, dass es manchmal einfach wichtig ist, den Motor mitlaufen zu lassen, damit man auf die berechnete Geschwindigkeit kommt, wurde es einfacher. Besser wäre es bestimmt gewesen, an der englischen Küste entlang zu segeln. Aber so haben wir viel gelernt und bei einer nächsten Reise in dieser Gegend kommen wir jetzt mit Sicherheit viel besser zurecht. Auch der gewaltige Tidenhub von bis zu 8 Metern ist für uns jetzt selbstverständlich.

Durch die langen Aufenthalte in verschiedenen Häfen haben wir viele nette Leute mit viel Segelerfahrung kennen gelernt. Ein Beispiel: Das Anlegen in Guernsey hat 2,5 Stunden gedauert, weil wir von so vielen „alten“ Bekannten begrüßt wurden, die unbedingt wissen wollten, wie es uns in den letzten Wochen ergangen ist. Auch haben wir neue Bekanntschaft gemacht, woraus sich zwei wunderschöne Abende mit Rotwein ergaben. Hier in Camaret haben wir ein nettes Ehepaar aus der Schweiz wieder getroffen, die uns schon in Cherbourg viele hilfreiche Tipps gegeben haben.

Auch wenn wir nicht alle Kanalinseln sehen konnten, ist unser Plan, Ende des Monats vor der Biskaya zu stehen, aufgegangen. Wir haben uns daran gewöhnt, längere Strecken zu segeln und fühlen uns sicher und gut vorbereitet für die Biskaya, da unser erster 24-Stunden-Tripp bei schlechten Bedingungen problemlos funktioniert hat. Wir wollten uns langsam an diese Situationen herantasten und das haben wir auch getan. Deshalb fühlen wir uns auch immer besser vertraut mit dem Schiff und dem Leben an Bord. Die anfänglichen Pulssteigerungen beim Verlassen oder Erreichen eines Hafens haben nachgelassen. Unsere innere Ruhe überträgt sich mittlerweile auch auf unsere Manöver. Wir kommen in einen fremden Hafen und nehmen nicht mehr den erst besten Platz, sondern suchen uns in Ruhe einen Liegeplatz im Hinblick auf die vorherrschenden Windrichtungen, aber auch unter dem Aspekt des Ablegens unter jeden Bedingungen.

Aufgrund der vielen Stromberechnungen ist tidal eddy unser Wort des Monats geworden.

Au revoir!

Andrea & Andreas

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Andrea und Andreas,

vielen Dank für das mir gewidmete Foto.
Die Kanalinseln sind mir noch in guter Erinnerung. Wir waren Ende September 1994 einige Tage auf Jersey und Sark. Besonders die Atmoshäre auf dieser kleinen, autofreien Insel hatte es uns angetan. Wir haben uns seinerzeit fest vorgenommen wiederzukommen, es bisher allerdings noch nicht geschafft.
Alles Gute für eure Weiterfahrt nach Spanien.
Herzliche Grüße auch von Almud!

Wilhelm

Mit diesem Blog möchten wir euch an unserer Reise teilhaben lassen und euch die Möglichkeit geben, unsere Abenteuer zu verfolgen.